Gesundheitscoach Beatrice Schmidt über Ernährung, Smoothies und Essverhalten

Gesundheitscoach und Bloggerin Beatrice Schmidt hat vor kurzer Zeit einen interessanten Beitrag auf Tina in the Middle verfasst, in dem es um Winterdepressionen und den Zusammenhang mit Ernährung geht.

Die Ernährungsberaterin und Buchautorin wird hier 2016 in regelmäßigen Abständen Beiträge verfassen  und auch gerne die ein oder andere Frage von euch beantworten. Um euch ein Bild von Beatrice Schmidt machen zu können, stelle ich sie euch in Form dieses Interviews vor.

Interview Beatrice Schmidt

Sie sind Autorin von mittlerweile drei Büchern, arbeiten als Ernährungsberaterin und bloggen auf ihrer Seite http://ernaehrungsumstellung.net/. Wie kamen sie zu diesem Berufswunsch?

Ich beschäftige mich mittlerweile seit 15 Jahren mit dem Thema Ernährung. Bedingt durch viel Stress im Beruf, einer wirklich miserablen Ernährungs-und Lebensweise und einer Nahrungsmittelunverträglichkeit, bekam ich damals innerhalb weniger Monate mehrere Magengeschwüre. Später kam der Wunsch hinzu, dass ich meine Kinder auf gesunde und nachhaltige Art ernähren möchte. So kam eines zum anderen. Vor knapp 10 Jahren machte ich dann meine Ausbildung zur Ernährungsberaterin und fing an auf selbständiger Basis Klienten zu beraten. Zum Bloggen bin ich erst nach der Geburt meines dritten Sohnes im Jahr 2011 gekommen. Die Zeit wurde immer weniger mit drei Kindern, aber mein Mitteilungsdrang und das Bedürfnis die Menschen aufzuklären und zu informieren immer mehr.

Seit wann üben sie den Beruf der Ernährungsberaterin aus?

Ich habe 2006 angefangen als Ernährungsberaterin tätig zu werden. Anfänglich waren es lediglich Beratungsgespräche in meinem Praxisraum im Haus. Mittlerweile halte ich fast ausschließlich Vorträge, gebe Kochseminare, leite Gruppen an, schreibe Fachartikel für diverse Blogs, Magazine sowie Onlinezeitschriften, blogge oder arbeite an eigenen Buchprojekten. Die persönliche Beratung ist etwas weniger geworden und findet nun eher in einem privaten Rahmen entweder beim Klienten zu Hause oder in entspannter Atmosphäre in meiner Küche statt.

Was sind die häufigsten Fragen, die ihnen bei einer Beratung gestellt werden?

Die Mehrzahl der Menschen kommt mit Gewichtsproblemen oder aber mit Erkrankungen, wie Diabetes, Gicht, rheumatische Erkrankungen etc. zu mir. Ich habe aber auch, aufgrund meiner Spezialisierung, sehr viele Klienten, die einfach nur so Ihre Ernährung umstellen wollen und/oder sich für eine vegane Ernährungsweise interessieren.

Wie läuft so eine Ernährungsberatung eigentlich ab?

Als erstes wird geschaut, wo der Klient steht und wohin er/sie überhaupt möchte. Gerade bei Gewichtsproblemen, wird auch die Psyche angesprochen und der allgemeine Gesundheitszustand. Mir ist wichtig, dass an dieser Stelle mit wichtigen Experten (Hausarzt, Alternativmediziner, Psychologe etc.) zusammen gearbeitet wird, da ich davon überzeugt bin, dass auf diese Weise wirklich langfristige Erfolge erzielt werden können. Je nach Schwerpunkt der Beratung, kann bereits im ersten Gespräch alles geklärt werden. In der Regel betreue ich meine Klienten jedoch 6 bis 12 Monate und in seltenen Fällen auch darüber hinaus. Bei einer Langzeitbetreuung treffe ich mich alle 1 bis 2 Monate mit der zu beratenden Person und begleite diese durch eine Ernährungsumstellung. Auch Themen der Entspannung und Bewegung werden in solchen Beratungsterminen gemeinsam besprochen. Gelegentlich koche ich auch gemeinsam mit meinen Klienten oder wir gehen zusammen einkaufen oder in Restaurants. So, wie es vom Kunden auch gewünscht wird, ganz individuell auf die Bedürfnisse ausgerichtet.

Jedoch muss ich dazu sagen, dass ich sehr individuell arbeite und andere Ernährungsberater mit Sicherheit anders tätig sind. Ich sehe mich auch eher als Coach bzw. Begleiterin als eine reine Beraterin.

Aktuell liegt besonders die Ernährungsform 1 Tag essen, einen Tag nichts essen, im Trend. Immer mehr Menschen richten sich nach dieser Ernährungsmethode. Da diese erst vor kurzem entwickelt wurde, gibt es meines Wissens, noch keine brauchbaren Studien darüber. Diese Ernährungsform überwirft allerdings alles bisher gelernte. Würden sie diese Ernährungsumstellung empfehlen?

Ich mag keine Trendernährungsformen oder Diäten. Da ich grundsätzlich davon überzeugt bin, dass eine gesunde ausgewogene vollwertige Ernährung, regelmäßige Bewegung und Entspannung jegliche Diät und besondere Ernährungsform überflüssig machen. Daher kann ich dieser Ernährungsform nichts abgewinnen.

Ebenfalls im Trend liegen derzeit Smoothies. Nur die wenigsten kaufen sich dafür frische Zutaten und mixen sich zu Hause eines dieser beliebten Getränke. Viel häufiger wird doch zu den fertigen Smoothies aus dem Supermarkt gegriffen. Wie stehen sie zu fertigen Smoothies, Eiweißshakes und isotonischen Getränken?

Es gibt eine Reihe von fertigen Smoothies, die ausschließlich aus natürlichen Zutaten bestehen und in Glasflaschen abgefüllt sind. Sie sind eine gute Kompromisslösung, wenn man unterwegs ist und gerade nicht die Möglichkeit hat auf frische Ware zuzugreifen. Allerdings enthalten diese auch nicht so viele Vitalstoffe, wie der frisch gemachte Smotthie, da durch die Licht- und Lufteinwirkung wichtige Stoffe zerstört werden. Die Fertigvariante ist nicht ganz so optimal, wie das frische Produkt, aber besser als jede Portion Pommes, die stattdessen zugeführt werden würde.

Von Eiweißshakes und isotonischen Getränken halte ich sehr wenig. Sind sie dann auch noch vollgestopft mit tierischen Zutaten, wie es bei den meisten Eiweißshakes der Fall ist, oder mit Chemie, wie es bei den meisten isotonischen Getränken ist, möchte ich sogar dringend vom Verzehr abraten. Diese Getränke richten dann im Körper mehr Schaden als, als dass sie etwas nützen.

Es gibt ja unzählige Diäten! Welche Ernährungsform finden sie optimal und würden sie auch jederzeit weiterempfehlen?

Wie schon weiter oben erwähnt, halte ich Diäten für überflüssig. Mein Favorit ist die gesunde vollwertige Ernährung mit möglichst wenigen bis keinen tierischen Nahrungsmitteln. Außerdem noch regelmäßige Bewegung und ganz wichtig ein entspannter Lebensstil.

Was außer den Lebensmitteln finden sie noch wichtig, für ein optimales Essverhalten?

Das richtige Kauverhalten ist wichtig und, dass nicht zwischen Tür und Angel, sondern in aller Ruhe gegessen wird. Je besser meine Nahrung vorbereitet und im Mund eingespeichelt wird, umso besser kann der Körper all die wichtigen darin enthaltenden Vitalstoffe aufnehmen. Und je entspannter ich meine Nahrung zu mir nehme, umso bewusster nehme ich wahr, was ich esse und wann ich wirklich satt bin.

Diese Frage geht zwar nun eher in den psychologischen Bereich, aber mich würde ihre Antwort dennoch sehr interessieren. Warum wird für viele Menschen das Verhältnis zum Essen immer schlechter? (Übergewicht, Magerwahn, schlechtes Gewissen beim Essen, viel zu viele Gedanken – wann man was essen darf…)

Oh, ich finde diese Frage sehr wichtig, sie ist, meiner Meinung nach, sogar essentiell. Viel wird über die Presse bewirkt. Überall sieht man Magermodels – die großen Nahrungsmittelkonzerne suggerieren, dass nur bestimmt Lebensmittel gut für uns sind – viele sind sich unsicher geworden, was überhaupt noch gesund ist, weil alle Nase nach neue Produkte auf den Markt geworfen werden. Meiner Meinung nach ist der Verbraucher schlicht überfordert. Das ganze wird kombiniert mit viel zu viel Hektik und Stress und viel zu wenig Zeit für sich selbst und den Blick nach innen.

Ich kenne ein paar, vermeintlich übergewichtige Menschen (insbesondere Frauen), die wunderschön sind. Sie sind es, weil Sie selbstbewußt sind, weil sie sich gesund fühlen und es auch sind, weil sie keinen Cent darauf geben, was ihnen in den Medien vorgegaukelt wird und weil sie alles, was sie tun mit Genuß tun und sich und Ihren Körper voll und ganz wahrnehmen. Ich denke, wenn wir uns von diesen Menschen eine Scheibe abschneiden, wäre der Wahn ums Essen gar nicht mehr so groß.

Denken sie, es könnten viele Krankheiten gelindert werden, wenn man Kinder und Jugendliche bereits in der Schule mehr über das Thema gesund kochen und gesunde Ernährung informieren würde?

Das denke ich nicht nur – Davon bin ich fest überzeugt. Jedoch sind mir hier bisher noch keine Fachkompetenzen über den Weg gelaufen, die dies leisten könnten. Man müsste bei der Ausbildung der Lehrkräfte ansetzen um eine neue Generation von gesund lebenden und essenden Menschen heranzuziehen. Die Ausbildung der Hauswirtschaftslehererinnen müsste, meiner Meinung nach, komplett überarbeitet werden, damit ein solches Ziel erreicht werden kann. Betritt man heute ein Lehrerzimmer einer Schule und fragt nach, was die Lehrkräfte unter einer gesunden Ernährung verstehen, bekommt man fast so viele unterschiedliche Antworten, wie LehrerInnen in dem Raum sind. Jede dieser Antworten enthält ein paar Dinge, die richtig sind – Andere Sachen sind es jedoch nicht. Obwohl die Schulen den Lehrauftrag der Gesundheitserziehung haben, sind viel zu wenig Stunden für diese Erziehung vorgesehen.

Auch müssten die Eltern eingebunden werden, damit das ganze wirklich fruchten kann. Ich hatte mal an einer Schule nach einer Gesundheitswoche folgende Situation:

Eines der Mädchen (2te Klasse) traf mich einige Wochen nach der Gesundheitswoche auf der Straße und sagte: „Frau Schmidt, stellen Sie sich vor, ich darf zu Hause kein Vollkornbrot essen, weil meine Eltern sagen, dass das nicht schmecken würde. Mir schmeckt es aber sehr gut und trotzdem bekomme ich es nicht.“

Ein anderes Mal, durfte ich in einer Schule bei einem Fest Gemüseeintopf anbieten. Da kam ein Kind aus der 1ten Klasse zusammen mit der Mutter an die Theke. Das Kind sagte, es hätte gerne eine Suppe. Die Antwort der Mutter: „Nein, iss Du mal was vernünftiges“ und kaufte ihm eine Wiener in einer Semmel.

Daher: Ja wir könnten wirklich viel bewegen, wenn alle Beteiligten zumindest im Ansatz eingebunden sind und mitarbeiten würden und ,wenn die Politiker und die staatlichen Institutionen (wie zum Bespiel die DGE) sich in aller Ruhe mal die ihnen vorliegenden Langzeitstudien zu den verschiedensten Nahrungsmitteln ansehen würden und die darin gewonnenen Erkenntnisse in ihre Offiziellen Ernährungs-Empfehlungen einbauen würden.

 

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